Steuern Erbschaftsteuerreform muss Unternehmensnachfolge erleichtern

Autor / Redakteur: Martin Sonneck / Jürgen Schreier

Für den Staat spielt sie nur eine untergeordnete Rolle. Für Familienunternehmen könnte sie zur Bedrohung werden: die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Höherbewertung des Betriebsvermögens. Folglich müsse, wie bei einer Veranstaltung der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft gefordert wurde, die Höherbewertung mit einer deutlichen Senkung der Erbschaftsteuersätze einhergehen.

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Anlässlich einer Informationsveranstaltung der VBW – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. in München machte Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer des VBW, einmal mehr deutlich, dass die künftige Erbschaftsteuerreform die Unternehmensnachfolge erleichtern muss. Allein für Bayern stehen in den kommenden fünf Jahren 350 000 Übertragungen von Familienbetrieben an und damit ein gewaltiges Potenzial an von der Erbschaftsteuer betroffenen Unternehmen. Aktuell befasst sich eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Finanzminister Peer Steinbrück mit der nötigen Neugestaltung der Reform, um diese – so der Plan – bis Ende des Jahres in ein Gesetz zu gießen.

Größere Vermögen werden übermäßig belastet

Auslöser für die aktuelle Auseinandersetzung mit dem Thema Erbschaftsteuer stellt ein Verfassungsgerichtsurteil (BVerfG 1 BvL 10/02 aus dem November 2006) dar, das die gegenwärtige Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Die Karlsruher Richter kritisieren dabei die unterschiedliche Bewertung der einzelnen Vermögensarten – etwa des Betriebsvermögens – die sich nicht am Verkehrswert ausrichtet und damit nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes entspricht. Somit steht fest, dass das gesamte System der Erbschaftsteuer neu ausgestaltet werden muss und die im vergangenen Jahr beschlossene Erbschaftsteuerreform in der ursprünglichen Form nicht mehr durchführbar ist.

VBW-Hauptgeschäftsführer Brossardt: „Das Paradoxe an der Erbschaftsteuer ist, dass sie für die Familienunternehmen existenzbedrohend sein kann, für den staatlichen Haushalt spielt sie lediglich eine untergeordnete Rolle.“ Die Statistik zeigt, dass seit 1991 bis heute der Anteil der Erbschaftsteuer am Gesamtsteueraufkommen in der Bundesrepublik durchweg bei weniger als 1 % lag.

Während kleine und mittlere Erbschaften von der Steuer weitgehend ausgenommen sind, werden größere Vermögen übermäßig belastet. Erbschaften über 500 000 Euro, so verdeutlichte Prof. Dr. Clemens Fuest von der Universität Köln, machen zwar nur 3,1 % aller Erbfälle aus, tragen damit aber zu 54,4 % zum Steueraufkommen bei.

Trotz der aktuell geltenden Verschonungsregeln für Betriebsvermögen kann die Last der Erbschaftsteuer betriebsgefährdend sein, wie ein Beispiel aufzeigen sollte: Bei der Übertragung eines Nettobetriebsvermögens im Wert von 7 Mio. Euro auf den Sohn oder die Tochter des Erblassers gehen volle 16% des Betriebsvermögens an das Finanzamt. Das entspricht einem Liquiditätsabfluss von 1,13 Mio. Euro, der nicht nur die Kraft für notwendige Investitionen nehmen, sondern auch schon einmal den Gedanken ans Veräußern aufkommen lassen kann.

Mit der Umstellung im Bewertungsrecht zeichnen sich gravierende Konsequenzen für Familienunternehmen ab. Laut Berechnungen der Arbeitsgruppe der Länder steigt demnach der Wert von Betriebsvermögen um durchschnittlich 117%. Die steuerliche Belastung von Betriebsvermögen würde stark ansteigen, wenn es bei den gegenwärtigen Steuersätzen und Freibeträgen bliebe. Zudem erschweren die offenen Fragen nach den Bewertungsverfahren und dem damit verbundenen Aufwand die Planbarkeit in Unternehmen, wenn es um die mögliche Erbschaftsteuerbelastung geht.

VBW: Steuersätze senken und Freibeträge anheben

Aus Sicht der VBW – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. sind vier Punkte wichtig auf dem Wege zu einer künftigen Lösung. Demnach müsse die aus Karlsruhe vorgeschriebene Höherbewertung der Betriebsvermögen mit einer deutlichen Senkung der Erbschaftsteuersätzen einhergehen, sonst könne es nicht zu der so wichtigen Entlastung der Familienunternehmen kommen. Darüber hinaus sollten die geringeren Steuersätze mit höheren Freibeträgen kombiniert werden.

Die VBW ist nach wie vor der Meinung, dass das so genannte Abschmelzmodell, auf das sich die Regierung vor dem Karlsruher Urteil geeinigt hat, bei allen gegenwärtig diskutierten Alternativen das richtige Modell ist, um Familienbetriebe und Arbeitsplätze zu erhalten. Dieses sieht vor, dass Firmenerben die Erbschaftsteuer über einen Zeitraum von zehn Jahren hinweg schrittweise erlassen wird, wenn sie den Betrieb so lange weiterführen. Und schließlich könne eine Autonomie für die Gestaltung der Steuersätze auch in die Hände der Länder gelegt werden, da das Erbschaftsteueraufkommen sowieso den jeweiligen Ländern zustehe.

Anlässlich einer gemeinsam vom BDI, der VBW – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, und der Beratungs- und Prüfungsgesellschaft Deloitte initiierten Erbschaftsteuer-Kampagne werden in einer sechsteiligen Schriftenreihe wöchentlich kritische Analysen zu den Vorgaben für und Anforderungen an eine durchgreifende Neuordnung der Erbschaftsbesteuerung in Deutschland dargestellt.

Die Ergebnisse der Schriftenreihe sollen am 22. Oktober 2007 im Rahmen des Erbschaftsteuerkongresses in Berlin unter Teilnahme von Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft diskutiert werden. Die jeweils aktuellen Ausgaben der Schriftenreihe können im Internet unter www.bdi.eu oder www.vbw-bayern.de abgerufen werden. MM

Martin Sonneck ist freier Journalist in München

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