Stahl Salzgitter sieht Talsohle durchschritten
Der Stahlkonzern Salzgitter AG hat im zweiten Quartal erhebliche Einbußen beim Umsatz hinnehmen müssen und ist in die Verlustzone gerutscht. Allerdings erwartet das Unternehmen, dass es im zweiten Halbjahr wieder moderat aufwärts geht.
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Der Konzern-Außenumsatz verringerte sich laut Salzgitter angesichts deutlich reduzierter Absatzmengen und fallender Erlöse in nahezu allen Produktsegmenten um 34% auf 4125,7 Mio. Euro (erstes Halbjahr 2008: 6233,4 Mio. Euro). Der Salzgitter-Konzern schrieb im ersten Halbjahr 195,2 Mio. Euro Verlust vor Steuern (erstes Halbjahr 2008: plus 646,4 Mio. Euro). Mit diesem Resultat seien auch nennenswerte bilanzielle Anpassungen von Vorratsbewertungen schwerpunktmäßig im Unternehmensbereich Stahl verkraftet worden, sodass der Konzern – zusammen mit den bereits im Jahresabschluss 2008 vorgenommenen Maßnahmen – frei von stillen Lasten aus der Bestandsbewertung sei.
Salzgitter mit deutlichem Verlust nach Steuern
Die 23%-Beteiligung an dem führenden europäischen Kupferproduzenten Aurubis AG steuerte 32,7 Mio. Euro Ertrag nach Steuern bei, heißt es. Das Konzern-Nachsteuerresultat betrug minus 165 Mio. Euro (erstes Halbjahr 2008: plus 436,9 Mio. Euro).
Die globale Rezession wirkte sich in den ersten sechs Monaten 2009 am stärksten auf die Gesellschaften des Unternehmensbereiches Stahl aus, wie das Unternehmen berichtet. So sei die Auslastung der Werke in Salzgitter und Peine zeitweise bis auf rund 50% der Kapazität gefallen.
Stahlpreise im freien Fall
Gegen Ende des ersten Quartals habe sich auch der Grobblechmarkt verschlechtert, sodass im Werk Ilsenburg ebenfalls eine Unterbeschäftigung eingetreten sei. Ein exorbitanter Preisverfall über alle Produktgruppen hinweg, der erst im Sommer seinen Tiefpunkt erreichte, habe die Lage zusätzlich verschärft.
Als Konsequenz dessen halbierte sich der Außenumsatz auf 799,9 Mio. Euro (erstes Halbjahr 2008: 1611,0 Mio. Euro). Die fallenden Rohstoffpreise hätten aufgrund anfänglich hoher, zu Vorjahrespreisen beschaffter Bestände das Halbjahresergebnis nicht entlastet. Darüber hinaus wurden laut Salzgitter Ende Juni noch vorhandene Vorräte so bewertet, dass nunmehr alle wesentlichen Abwertungsrisiken im Stahlsegment berücksichtigt sein dürften. Inklusive dieser Belastung wurden 190,2 Mio. Euro Vorsteuerverlust verzeichnet (erstes Halbjahr 2008: plus 345,1 Mio. Euro).
Geschäftsbereich Handel leidet unter schwacher Stahl-Nachfrage
Die herausfordernde Geschäftslage beeinträchtigte auch sämtliche Aktivitäten des Unternehmensbereiches Handel, heißt es weiter. Die schwache Nachfrage vieler Stahlverarbeiter, verstärkt durch einen Bestandsabbau im lagerhaltenden Stahlhandel, sowie konjunkturbedingt rückläufige Tradingvolumina hätten den Außenumsatz um 37% auf 1683,7 Mio. Euro (erstes Halbjahr 2008: 2656,4 Mio. Euro) zurückgehen lassen. Das Vorsteuerergebnis sei bei minus 57,7 Mio. Euro (erstes Halbjahr 2008: plus 140,7 Mio. Euro) herausgekommen.
Der Unternehmensbereich Röhren setzte dank der vergleichsweise soliden Situation der Produktsegmente Großrohre, HFI-geschweißte Rohre und nahtlose Edelstahlrohre einen positiven Kontrapunkt, wie Salzgitter weiter mitteilt.
Der Außenumsatz verbesserte sich trotz der unbefriedigenden Beschäftigungslage der Präzisrohrgesellschaften um 3% auf 1107,9 Mio. Euro (erstes Halbjahr 2008: 1077,0 Mio. Euro). Mit 96,0 Mio. Euro Vorsteuergewinn verbuchte die Division ein positives Ergebnis (erstes Halbjahr 2008: 152,1 Mio. Euro).
Geschäftsbereich Dienstleistungen ebenfalls mit Verlust
Im Einklang mit dem reduzierten Produktionsniveau der Stahl- und Walzwerke verminderte sich der Segmentumsatz des Unternehmensbereiches Dienstleistungen um die Hälfte auf 340,9 Mio. Euro (erstes Halbjahr 2008: 678,1 Mio. Euro), wie Salzgitter mitteilt. Der im Wesentlichen vom Rohstoffhandel der DEUMU Deutsche Erz- und Metall-Union GmbH erwirtschaftete Außenumsatz sei auf 146,4 Mio. Euro (erstes Halbjahr 2008: 284,9 Mio. Euro) gefallen. Das Resultat vor Steuern habe bei minus 5,4 Mio. Euro (erstes Halbjahr 2008: plus 16,8 Mio. Euro) gelegen.
Die schwierige Lage des internationalen Maschinenbausektors habe sich in den Umsatz- und Ertragszahlen der Unternehmen des Technologiebereiches niedergeschlagen. Mit 367,5 Mio. Euro Außenumsatz verzeichnete das Segment einen Rückgang von 30% (erstes Halbjahr 2008: 523,4 Mio. Euro), heißt es. Als Folge der Unterauslastung in den meisten Werken, rückläufiger Margen im Anlagengeschäft sowie wegen Risikovorsorgen für Altaufträge hätten sich 43,7 Mio. Euro Vorsteuerverlust (erstes Halbjahr 2008: plus 12,2 Mio. Euro) ergeben.
Der Außenumsatz des Bereiches Sonstiges/Konsolidierung, der vom Halbzeuggeschäft mit Konzernfremden generiert werde, reduzierte sich laut Salzgitter-Mitteilung in den ersten sechs Monaten auf 20,5 Mio. Euro (erstes Halbjahr 2008: 80,7 Mio. Euro). Seit Beginn des Geschäftsjahres sei hier auch die 23%-Beteiligung an der Aurubis AG einbezogen, die in der Berichtsperiode 32,7 Mio. Euro anteiliges Nachsteuerergebnis beigetragen habe. Insgesamt habe das Resultat des Bereiches bei 5,8 Mio. Euro (erstes Halbjahr 2008: minus 20,5 Mio. Euro) gelegen.
Der Innenumsatz des Salzgitter-Konzerns halbierte sich laut Angaben im ersten Halbjahr 2009 aufgrund der nachfragebedingt geringeren Nutzung interner Vertriebswege auf 980,4 Mio. Euro (erstes Halbjahr 2008: 1942,9 Mio. Euro).
Bisher nur schwache Erholung auf dem Stahlmarkt
Die seit Mai in einigen Wirtschaftszweigen sichtbar gewordenen Erholungstendenzen reichen bei Weitem noch nicht aus, um die zuvor eingetretenen drastischen Rückgänge der Geschäftsaktivitäten auszugleichen, wie Salzgitter erläutert. Vor diesem Hintergrund liege das Augenmerk nach wie vor auf der Sicherstellung der mittel- bis langfristigen Prosperität des Konzerns.
Die finanzielle und bilanzielle Solidität der Salzgitter-Gruppe und ihre breite Aufstellung hätten sich in dieser Situation als vorteilhaft erwiesen. Die Maßnahmen zur Kostensenkung hätten bereits im ersten Halbjahr entlastend gewirkt; sie werden laut Unternehmen fortgeführt.
Im zweiten Halbjahr ist laut Salzgitter mit einer nach Produktgruppen differenzierten, insgesamt moderaten Verbesserung der Lage auf dem Stahlmarkt zu rechnen, da sich die Lücke zwischen dem Stahlabsatz der Produzenten und dem realen Verbrauch zu schließen scheine. Die jüngsten Preisanhebungen deuteten darauf hin, dass der Tiefpunkt der Erlöse im europäischen wie auch im internationalen Walzstahlmarkt durchschritten sei.
Grundsätzlich werde jedoch erst nach Ende der geplanten Wartungsstillstände und Werksferien vieler Abnehmer erkennbar sein, ob die positiven Entwicklungen in eine nachhaltige Stabilisierung des Marktgefüges münden. Das Ergebnis der Stahlgesellschaften dürfte laut Salzgitter trotz instandhaltungs- und investitionsbedingter Produktionsausfälle in der zweiten Jahreshälfte oberhalb des Resultates der ersten sechs Monate 2009 liegen.
Stahlhandel bleibt vorerst am Boden
Wegen der Margenschwäche rechnet der Unternehmensbereich Handel – begleitet von deutlicher Kostenreduzierung – eher mit einer allmählichen Verbesserung der Ertragslage. Dies betreffe in erster Linie den lagerhaltenden Handel; als Folge des in weiten Teilen lahmenden Welthandels und mangelnder Investitionsneigung könnten die Trading-Absatzmengen der letzten Jahre zunächst nicht wieder erreicht werden.
Die weiterhin angespannte Lage des Präzisrohrmarktes und Abkühlungstendenzen in den Produktbereichen Edelstahl- und HFI-geschweißte Rohre würden für den Unternehmensbereich Röhren gegenüber dem ersten Halbjahr spürbar geringere Umsätze und Gewinne erwarten lassen. Dennoch werde für 2009 ein klar positives, durch den gut beschäftigten Großrohrbereich getragenes Resultat prognostiziert.
Kein solider Aufschwung im Maschinen- und Anlagenbau in Sicht
Umsatz und Ergebnis des Unternehmensbereiches Dienstleistungen würden wesentlich von der Beschäftigung der Stahlsparte abhängen und sollten sich analog dazu entwickeln. Im Unterschied zu frühzyklischen Branchen werde ein solider Aufschwung im Maschinen- und Anlagenbau noch einige Zeit auf sich warten lassen.
Erste Hinweise auf eine Erholung seien zwar wahrnehmbar, könnten aber noch nicht als nachhaltig interpretiert werden. Infolge des niedrigen Auftragseingangs im ersten Halbjahr rechnet der Unternehmensbereich Technologie mit einem gegenüber 2008 wesentlich schwächeren, negativen Resultat für das Geschäftsjahr 2009.
Salzgitters Prognose eines Halbjahresverlustes mit einer möglichen Aufhellung der Lage in der zweiten Jahreshälfte hat sich bestätigt, heißt es. Allerdings sei ein starker und nachhaltiger Turnaround der Verhältnisse am Stahlmarkt bisher nicht erkennbar, da lediglich für einzelne Produktgruppen eindeutige Erholungstendenzen bei Auftragseingängen und Erlösen verzeichnet würden. Demzufolge erwartet der Salzgitter-Konzern auch für das zweite Halbjahr 2009 einen Vorsteuerverlust, der allerdings niedriger als im ersten Halbjahr ausfallen dürfte. Das Unternehmen hält es für denkbar, dass gegen Jahresende wieder nahezu ausgeglichene Monatsergebnisse erzielt werden können.
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