Prognose 2022 Schwächerer Produktionszuwachs für Maschinen- und Anlagenbau
Die Auftragsbücher für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau füllen sich. Doch bleiben Unsicherheiten. Der VDMA korrigiert die Prognosen für 2022 nach unten. Hier ein Lagebericht in Wort und Bild.
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Während sich die Auftragsbücher im Maschinen- und Anlagenbau in den vergangenen Monaten trotz Corona-Pandemie gut gefüllt haben, kämpft die deutsche Industrie mit sich verschärfenden Material- und Lieferengpässen, heißt es immer noch. Eine VDMA-Blitzumfrage von Anfang September ergab, dass jetzt rund 81 Prozent der Maschinenbauer merkliche oder gravierende Lieferkettenprobleme haben. Drastisch verknappt haben sich demnach elektrotechnische Produkte und Elektronikkomponenten. „Darüber hinaus leiden knapp zwei Drittel der Befragten unter Beeinträchtigungen in der Logistik- und Transportabwicklung. Das Problem ist jetzt größer als zu Spitzenzeiten der Pandemie Mitte April letzten“, konstatiert der VDMA-Chefvolkswirt Dr. Ralph Wiechers.
Schwächeres Wachstum bei intaktem Aufschwung
Eine Entspannung, speziell bei der bei der Zulieferung von Vorprodukten, ist zumindest für die kommenden drei Monate nicht zu erwarten. „Rund 40 Prozent der befragten Maschinenbaufirmen rechnen sogar mit zunehmenden Problemen, 52 Prozent mit gleichbleibenden Herausforderungen“, präzisiert Wiechers. Deshalb sei trotz der guten Auftragslage auch mit Blick auf das kommende Jahr mit Vorsicht zu genießen. Die zunächst registrierbare Dynamik in einigen Ländern ließe auch bereits deutlich nach. Und die Delta-Variante, sowie mangelnde Impffortschritte, belasteten in vielen Ländern das Wirtschaftsgeschehen. Der VDMA geht deshalb für 2022 von einem etwas schwächeren Produktionszuwachs aus. Jetzt beziffert der Verein es mit real 5 Prozent. Insgesamt dürfte der Aufschwung aber anhalten. „Außerdem wird all das, was wegen der Engpässe in diesem Jahr nicht mehr gefertigt werden kann, im nächsten Jahr umgesetzt”, prognostiziert der VDMA-Chefvolkswirt. Weitere Informationen im folgenden Text sowie in den beigefügten Diagrammen.
Bestell-Boom bei Maschinenbauern
Bis September diesen Jahres verzeichnete der Maschinen- und Anlagenbau ein reales Produktionsplus von 7,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Noch besser lief es aber von Januar bis einschließlich Juli. Denn sie stiegen um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Inland: plus 20 Prozent, Ausland: plus 36 Prozent). Das werde in den kommenden Monaten nach Einschätzung der VDMA-Volkswirte für eine weiterhin hohe Kapazitätsauslastung sowie Produktionszuwächse sorgen. Für das Gesamtjahr 2021 bleiben die VDMA-Volkswirte bei ihrer Einschätzung eines Wachstums von 10 Prozent. Damit holt die Branche zu ihrem Produktionswert von 2019 ein großes Stück auf. Doch ersten Hoffnungen auf ein noch höheres Wachstum sollte man beerdigen. In einigen Fachzweigen, speziell bei den Herstellern von Teilen und Komponenten, sowie in Asien, gibt es erste Anzeichen für ein schwächeres Expansionstempo. „Andere kommen zwar jetzt erst richtig in Schwung, müssen aber wegen der zahlreichen Engpässe Abstriche bei ihren Produktionsplänen machen“, schränkt Wiechers ein.
Gedämpfte, aber positive Umsatzerwartungen
Diese Einschätzung bestätigt auch die jüngste VDMA-Blitzumfrage, bei der knapp 600 Unternehmen sich zur Lage äußerten. Demnach können derzeit neun von zehn Unternehmen in Folge von Produktionsbehinderungen weniger umsetzen, als unter es anderen Bedingungen möglich wäre. Das dämpft eben auch die Umsatzerwartungen für das laufende Jahr. Knapp die Hälfte der Maschinenbauer (44 Prozent) beziffern die Verringerung des Umsatzwachstums 2021 durch Materialengpässen auf 1 bis 5 Prozentpunkte, weitere 28 Prozent machen sogar einen Abschlag von 5 bis 10 Prozentpunkten. „Immerhin rechnen etwa 90 Prozent der Unternehmen für das laufende Jahr mit einem Umsatzplus. Doch der überwiegende Teil der Unternehmen wird Konsequenzen aus der schwierigen Versorgungssituation ziehen“, betont Wiechers. Die Umfrage ergab auch, dass rund 70 Prozent der Betriebe nun Änderungen in den Lieferketten planen. Dies bedeute vor allem, dass das Zulieferernetzwerk – auch geografisch betrachtet – vergrößert wird. Die Lagerhaltung würde stärker fokussiert und alternative Lieferwege werden gesucht.
Der ewige Bremsklotz Fachkräftemangel
Aufgehalten werden die Aktivitäten aber nicht nur auf der Zulieferseite, sondern auch durch spürbare Engpässe auf dem Arbeitsmarkt. „Auffällig sind vermehrte Meldungen über einen Fachkräftemangel. Rund 61 Prozent der befragten Betriebe spüren dies merklich oder sogar gravierend. Gut zwei Drittel sehen zudem keine Entspannung und fast 30 Prozent sogar eine Verschärfung der Situation in den nächsten drei Monaten“, berichtet der VDMA-Experte.
Die deutsche Industrie braucht mehr Freiraum!
Die hohe Inanspruchnahme der Kurzarbeit in der Krise hat dem Maschinen- und Anlagenbau zweifelsfrei noch größere Probleme erspart. Doch mit Blick nach vorne ist seitens der Gesellschaft und der Politik noch viel zu tun, um die Wettbewerbsfähigkeit des industriellen Mittelstands auf Dauer zu erhalten oder gar zu steigern, ist man sich sicher. Die nächste Bundesregierung muss den Unternehmen endlich wieder mehr Freiheiten geben, um mit marktwirtschaftlichen Mitteln die tiefgreifende Transformation der Wirtschaft nicht nur zu meistern sondern daraus auch neues Wachstum zu generieren, wünscht sich Wiechers. Denn das funktioniere nicht mittels steuerfinanziertem staatlichem Aktionismus, sondern durch unternehmerischen Mut, persönlichen und finanziellen Einsatz und durch die Fähigkeit, auch einmal Rückschläge hinnehmen zu können, macht der Experte klar. Vor diesem Hintergrund seien alle Pläne zur Wiedereinführung einer Vermögenssteuer pures Gift für die Anstrengungen vier Tausend Mittelständler, die auch große Investitionen aus eigener Kraft stemmen müssten.
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