Variantenoptimierung Variantenoptimierung hilft bei der Bereinigung des Produktportfolios

Autor / Redakteur: Gunter Gehrke und Lukas Biberacher /

Ein marktgerechtes Produktportfolio sichert Wettbewerbsvorteile und ist obendrein in Faustpfand in wirtschaftlich „mageren“ Jahren. Nachdem in der zweiten Folge dieser Artikelserie (Links siehe unten) die relevanten Analyseinstrumente diskutiert worden waren (Engine Scorecard und ABC-Analyse) stellt dieser Beitrag die konkreten Ergebnisse der Portfoliooptimierung vor.

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Die in Folge 2 dieser Artikelreihe vorgestellte ABC-Analyse gab Aufschluss darüber, welche Motoren den größten Anteil an Umsatz und Ergebnis hatten. Es zeigte sich, dass sieben Produkttypen A bis G rund 85% des Umsatzes auf sich vereinten, die weiteren sechs im Produktprogramm befindlichen Typen H bis M jedoch nur 15% zu den Erlösen beitrugen.

Jüngste und älteste Produkte bringen am wenigsten Umsatz

Gegenproben in den einzelnen Jahren bestätigten dies, und ein erstes Muster wurde sichtbar, das sich durch Einbeziehen der technischen Benchmarks weiter erhärtete: Umsatzschwach waren die jüngeren, technisch überlegenen Produkte, die erst vergleichsweise kurz im Markt waren und jene, die am Ende ihres Lebenszyklus angekommen waren oder überwiegend von Lizenznehmern produziert wurden.

Um die 15%-Typen H bis M aus Sicht ihres Ergebnisbeitrags beurteilen zu können, wurde an die Umsatzanalyse eine Untersuchung der Deckungsbeiträge angeschlossen. Als Kriterium für die Abwägung der einzelnen Motoren gegeneinander diente die relative Deckungsbeitragsstärke.

Es wurde deutlich, dass die Produkttypen A, B, D, E und F sowohl deckungsbeitragsseitig wie auch aufgrund des hohen Umsatzanteils nicht weiter analysiert werden mussten. Sie bedienten unterschiedliche Anwendungssegmente und bildeten quasi das Rückgrad des Unternehmens im Geschäft mit Viertakt-Motoren.

Für die anderen acht Motortypen galt es Handlungsempfehlungen zu formulieren, die dem Ziel der Komplexitätsreduzierung bei konstant guter Marktabdeckung gerecht wurden. Dazu musste auf Basis der Engine Scorecards (Bild) eine tiefer gehende Analyse der Details erfolgen.

Daraus folgte zum Beispiel die Empfehlung, Typ C technisch zu überarbeiten und bis zum Re-Launch in der bestehenden technischen Ausführung im Produktprogramm zu belassen. Auffällig war auch Produkttyp G, der sich nach wie vor in der Markteinführungsphase befand. Für Typ G lautete die Strategie: aktive Promotion bei den Zielgruppen leisten und Referenzen im Markt schaffen.

Gute Deckungsbeiträge bei geringem Absatz möglich

Beleuchtete man die umsatzschwächsten Produkttypen hinsichtlich ihrer Deckungsbeiträge, stach außerdem Typ J ins Auge. Bei sehr geringem Absatz wiesen seine Deckungsbeiträge eine überdurchschnittlich gute Qualität auf.

Für die verbleibenden Produkttypen H, K, L und M fiel das Urteil knapp aus: Alle Typen entsprachen nicht mehr dem Stand der Technik. Die Zielmärkte der Motortypen konnten genauso gut oder besser durch Alternativen innerhalb des eigenen Produktportfolios bedient werden. Es wurde entschieden, die aktive Vermarktung der Motoren einzustellen, Kundenanfragen auf neuere und margenstärkere Produkte umzuleiten und die Eigenproduktion sukzessive einzustellen.

Optimierung der Varianten im Produktportfolio beeinflusst auch den Vertrieb

Die dargestellten Maßnahmen im Produktportfolio hatten natürlich grundlegende Auswirkungen für den Vertrieb des Unternehmens. Zukünftig mussten mit weniger Produkttypen die gleichen Märkte bedient werden. Eine langfristige Absatzplanung auf Basis des neuen Motorenprogramms war deshalb sinnvoll. Zum einen musste überprüft werden, ob Absatz- und Ergebnisziele weiterhin erreichbar waren, zum anderen benötigte die Produktion diesen Input, um die Prozesse und Strukturen dem geänderten Nachfragemix anzupassen und sich mengenmäßig neu auszurichten.

Für den Übergang vom bestehenden Portfolio zum optimierten Portfolio wurde zwischen Vertrieb, Entwicklung und Produktion ein Fahrplan vereinbart, der alle relevanten Veränderungen abbildete. Dazu gehörten auch Meilensteine, zu denen Produkte nicht mehr produziert, nicht mehr im aktuellen Verkaufsprogramm des Unternehmens aufgeführt oder Weiterentwicklungen abgeschlossen sein sollten.

Mit der Methodik wurde bei MAN Diesel das Produktionsprogramm von dreizehn auf sieben Motortypen reduziert (Tabelle zum Download). Drei der Typen, die aus der eigenen Fabrik verbannt wurden, werden für eine Übergangszeit noch weiterhin im Verkaufsprogramm geführt. Die Produktion erfolgt jedoch ausschließlich bei strategischen Partnern. Bis 2010 soll der Phase-out auch für diese Typen komplett abgeschlossen sein.

Kosteneffekte aus Optimierung der Varianten schwer zu ermitteln

Die Ermittlung der Kosteneffekte aus der Optimierung gestaltete sich als nicht gerade trivial. Vor allem die exakte Ermittlung der Remanenzkosten erschien sehr aufwendig und wenig praxisgerecht. Zwar resultieren aus der zunehmend reduzierten Komplexität in der Fertigung Einsparungen, ein stark wachsender Absatz verhinderte jedoch grundlegende strukturelle Anpassungen. Frei werdende Produktionskapazitäten wurden sofort wieder mit im Programm verbleibenden Produkttypen belegt.

Die Eigenfertigung der profitablen Ersatzteile sowie die Versorgung von Lizenznehmern mit strategischen Komponenten musste gesichert sein. Substanzielle Komplexitätseinsparungen waren daher auch in der mechanischen Bearbeitung nicht möglich. Hinzu kam ein grundsätzlicher Aspekt: Lizenznehmer erwarten von der Entwicklung und Technik eine professionelle Betreuung, auch wenn der Motor vom Lizenzgeber selbst gar nicht mehr produziert wird.

Zusammen mit dem Controlling wurde eine Funktionsanalyse für die verschiedenen in Frage kommenden Geschäftsmodelle durchgeführt. Es wurden alle Motortypen unter die Lupe genommen, bei denen Veränderungen anstanden.

Um vor diesem Hintergrund eine Ergebnisverbesserung durch die Straffung des Produktprogramms greifbar zu machen, wurden zwei Ansätze gewählt:

  • Ermittlung der Ergebnisverbesserung, die durch den Einsatz von Handelsmotoren entstehen,
  • Ermittlung der Ergebnisverbesserung, die durch die Belegung von eigenen Produktionskapazitäten mit deckungsbeitragstärkere Motoren entstehen.

Unter dem Strich konnte so ein siebenstelliges Einsparpotenzial pro Jahr identifiziert werden. Sie wird sich allerdings erst 2010 in vollem Umfang im Ergebnis widerspiegeln. Dann allerdings wird die beschriebene Komplexitätsreduktion zu einer signifikanten Verbesserung des Ebit beitragen.

Aus heutiger Sicht scheint eine Verbesserung der Umsatzrendite von 0,5% erreichbar. Sie ist für MAN Diesel ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Im Hinblick auf das Performance Tracking wurden für jedes Jahr bis 2010 Zielwerte festgelegt, die auf dem vorgestellten Rechenansatz basieren. Sie sollen den tatsächlichen erreichten Werten gegenüber gestellt werden und Grundlage für etwaige Kurskorrekturen sein.

Um die Komplexität des Produktportfolios über 2010 hinaus auf einem guten Niveau zu halten, wurde ein Anschlussprojekt gestartet. Sein Ziel ist es, einen Prozess für die Produktplanung zu entwickeln und zu etablieren, der Komplexitätsaspekte von Anfang mit abdeckt.MM

Dr. Gunter Gehrke ist bei MAN Diesel zuständig für das Group Marketing, 86224 Augsburg, Tel. (0821) 3220, Fax (0821) 3223382, info@de.manbw.com; Lukas Biberacher studierte an der FH München Wirtschaftsingenieurwesen und war von Oktober 2005 bis Juni 2006 Diplomand bei MAN Diesel

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