Umformen Werkstoff Titan lässt sich auch wirtschaftlich rentabel umformen

Autor / Redakteur: Martin Weber / Dietmar Kuhn

Der Werkstoff Titan bietet zwar hervorragende Eigenschaften, lässt sich bisher aber nur unter hohem Aufwand umformen. Fraunhofer-Forscher geben dem Alleskönnermetall jetzt eine neue Chance, indem sie eine wirtschaftlich rentable Umformtechnologie für Kfz-Abgasanlagen entwickelt haben.

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Titan lässt sich vielfältig einsetzen. Jetzt wird der Werkstoff auch für die Umformung interessant. Das Bild zeigt die schematische Darstellung der Umformung von Titanrohren innerhalb einer Prozessstufe.
Titan lässt sich vielfältig einsetzen. Jetzt wird der Werkstoff auch für die Umformung interessant. Das Bild zeigt die schematische Darstellung der Umformung von Titanrohren innerhalb einer Prozessstufe.
(Bild: IWU/IST)

Eigentlich steht dem Siegeszug des Titans als Industriewerkstoff Nummer eins nichts im Weg: Es ist nicht nur nahezu unbegrenzt verfügbar, stabil und leicht zugleich, sondern auch äußerst dehnbar, korrosions- und temperaturbeständig. Doch nach wie vor führt das weißsilbrig schimmernde Metall in der Fertigung ein Schattendasein hinter Stahl, Chrom, Nickel oder Aluminium. Der Grund: Effiziente umformtechnische Verfahren wie das Tiefziehen oder das Innenhochdruck-Umformen können nur mit großen Einschränkungen angewendet werden. Titan neigt dazu, an den Umformwerkzeugen anzuhaften. Das verursacht starke Schäden, die im schlimmsten Fall zum Reißen der Bauteile führen können. Verstärkt wird dieser Effekt durch die extrem hohen Temperaturen von bis zu 800 °C, bei denen Titan umgeformt werden muss.

Die Umformung von Titan erfolgt nunmehr in nur einer Prozessstufe

In Gemeinschaftsarbeit haben Forscher am Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik (IST) in Braunschweig und am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) in Chemnitz eine neue Technologie zur Innenhochdruck-Umformung von Kfz-Abgasanlagen aus Titan entwickelt. Mithilfe des neuen Verfahrens ist die Umformung in nur einer Prozessstufe möglich.

Bisher waren für das Umformen mindestens drei Schritte mit zwischengeschalteten Wärmebehandlungen nötig, die teilweise an unterschiedlichen Standorten durchgeführt werden mussten. Die Wissenschaftler haben jetzt einen Prozess und ein Werkzeug kreiert, das auch hohen Temperaturen über 800 °C standhält. Bei der Umformung von Titan unter Raumtemperatur kommt es zu einer starken Kaltverfestigung des eingesetzten Rohrs. Damit das Metall nicht reißt, muss es immer wieder durch Glühprozesse rekristallisiert werden. Die Folge ist eine sehr aufwendige mehrstufige Umformung, die bei der Fertigung von Abgasanlagen für Großserien nicht rentabel ist. Die Gefügeänderung lässt sich jedoch bei sehr hohen Temperaturen umgehen.

Eine dünne Beschichtung verhindert das Anhaften des Titan-Werkstoffes

Das etwa 1,40 m × 1,20 m große Umformwerkzeug besteht aus Hochleistungswerkstoffen wie Nickelbasislegierungen, die auch bei Temperaturen über 800 °C stabil bleiben und nicht oxidieren. Das Anhaften des vielfältig einsetzbaren Werkstoffes Titans am Werkzeug, das zu Rissen in den Bauteilen und zu starken Schäden an der Werkzeugoberfläche führen kann, wird durch eine spezielle, nur wenige Mikrometer dicke Beschichtung verhindert. Da Titan ab etwa 500 °C dazu neigt, Sauerstoff und Stickstoff aus der umgebenden Atmosphäre aufzunehmen, muss beim Umformen mit sehr hohen Temperaturen mit Schutzgas, wie zum Beispiel Argon, gearbeitet werden.

* Dipl.-Ing. Martin Weber ist Projektleiter Titanumformung am Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik (IST) in Braunschweig

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