Umformen Effizient biegen

Produktivität und Sicherheit im Prozess spielen auch beim Abkanten und Schwenkbiegen eine wichtige Rolle. Zudem gehört die Einbindung der Maschinen in vernetzte Fertigungswelten längst zum Alltag in der Blechbearbeitung.

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Abkanten und Schwenkbiegen sind flexible Bearbeitungsverfahren und sind in allen Blechdickenbereichen von zirka 0,5 mm bis zuweilen auch mehr als 150 mm beheimatet.
Abkanten und Schwenkbiegen sind flexible Bearbeitungsverfahren und sind in allen Blechdickenbereichen von zirka 0,5 mm bis zuweilen auch mehr als 150 mm beheimatet.
(Bild: ©Oleksandr - stock.adobe.com)

Abkanten und Schwenkbiegen sind flexible Bearbeitungsverfahren und sind in allen Blechdickenbereichen von zirka 0,5 mm bis zuweilen auch mehr als 150 mm beheimatet. Materialtechnisch gibt es fast keine Einschränkungen, da prinzipiell alle metallischen Werkstoffe auf Abkantpressen bearbeitet werden können.

Während beim Ankanten die Platine außerhalb der Maschine liegt, befindet sie sich beim Schwenkbiegen auf einem Tisch. „Ein Anschlagsystem positioniert die Platine zur Biegelinie. Ober- und Unterwange spannen den Zuschnitt. Die Biegewange schwenkt nach oben oder unten und biegt das Blech auf den programmierten Winkel. Schwenkbiegen eignet sich besonders bei großflächigen Platinen, die eine Randumformung erhalten, bei Profilen mit vielfältigen Winkeln, Radien und Umschlägen, bei großen, schweren Platinen oder dünnen und knickempfindlichen Materialien. Es sind aber auch Lösungen für komplexe Kleinteile verfügbar“, erläutert Willy Stahl, Geschäftsführer der RAS Reinhardt Maschinenbau GmbH aus Sindelfingen, das Schwenkbiegen und den konkreten Einsatz genauer.

Steven Lucas, Produktmanager Abkantpressen der LVD Company aus Belgien sagt: „Alle Teile und Materialien kommen für Abkanten in Betracht. Gemäß der Möglichkeiten des geforderten Materials bauen wir dann die Maschine. Es gibt immer eine Biegelösung: für unterschiedliche Materialien, Sondermaterialien, warm- oder kaltgewalzte Bleche sowie für verschiedene Blechstärken.“ Mit Blick auf das verwendete Material erklärt Franz Schröder, Firmeninhaber und Geschäftsführer der Hans Schröder Maschinenbau GmbH: „Wir empfehlen, Bleche mit empfindlichen Oberflächen beispielsweise Edelstahl, farbbeschichtete Bleche, Chromstahl oder verzinkte Bleche mit Schwenkbiegemaschinen zu bearbeiten.“

Automatisierte Prozesse

Um in der Blechbearbeitung automatisierte und damit effiziente Prozesse zu realisieren, werden zunehmend Roboter in die Prozesskette eingebunden oder auch eine automatische Materialversorgung aus einem Hochregallager angeschlossen. „Roboter bieten eine hohe Flexibilität, die es erlaubt, unbeaufsichtigt zu arbeiten. So können beispielsweise abwechselnd tagsüber manuell komplexe Teile gebogen werden und nachts kann ein Roboter für die Groß-Serienfertigung eingesetzt werden. Eine Roboterzelle kann zudem mittels automatischer Programmierung auch kleine Serien unbeaufsichtigt produzieren“, beschreibt Steven Lucas einige Möglichkeiten.

Karsten Trautvetter, Produkt Manager Biegen bei Bystronic, sagt: „Moderne Automatisierungslösungen bieten den Vorteil, dass das gebundene Kapital minimal ist, das heißt, dass geringste Losgrößen automatisiert bearbeitet werden können. Hochregallager können insbesondere als platzsparende Zwischenlager und Verteiler punkten. Ein weiterer Vorteil: Automationslösungen machen die Blechbearbeitung deutlich planbarer, steigern die Produktivität und garantieren eine gleichbleibend hohe Qualität der Biegeapplikation.“ Mit einem hohen Maß an Automation seien auch Express-Jobs möglich, da das Produktionsmonitoring aufzeigt, ob und wie der Express-Job in die laufende Produktion eingeschleust werden kann. „Mit der Integration von Hochregallagern und nachgelagert automatisierten Biegeprozessen erreicht die Wertschöpfungskette in der Blechverarbeitung einen zunehmend höheren Automatisierungsgrad. Dies hilft Unternehmen in der Blechverarbeitung, auch global konkurrenzfähig zu bleiben“, so Trautvetter. Willy Stahl nennt einen weiteren Aspekt: „Da in der Blechbearbeitung häufig kleine Losgrößen vorkommen, darf die flexible Bearbeitung nicht durch starre Handhabungssysteme ausgebremst werden. Eigenintelligenten Automatisierungslösungen, die ihre Bewegungsbahnen selbständig berechnen oder Systemen mit automatischer Teileerkennung gehören damit die Zukunft.“

Dass Automation letztendlich auch eine maximale Wiederholgenauigkeit bedeutet, darauf verweist Franz Schröder: „Tische, Fördermittel, Anschlagtechnik und hochflexible Manipulatoren bringen die Werkstücke in die richtige Position, exakt vermessen durch moderne Kamerasysteme.“

Sicherheit für den Anlagenbediener

Generell ist es möglich, auch ältere Anlagen auf den neuesten Stand der Sicherheitstechnik umzubauen. Götz Fiessler, Geschäftsführer der Fiessler Elektronik GmbH & Co. KG, erläutert, wann es zweckmäßig ist: Die Nachrüstung macht immer dann Sinn, wenn der eigentliche Maschinenkörper sich noch in einem guten Zustand befindet. Für den Umbau bietet Fiessler Elektronik dann spezielle Nachrüstsätze, mit denen eine einfache und effektive Umrüstung gewährleistet ist.“ Dabei kommt ein Laser basierendes Sicherheitssystem aus Laser-Sender und -Empfänger zum Einsatz. „Mit dem mitfahrendem Sicherheitssystem ist ein Schutz des Bedieners bei gleichzeitiger hoher Produktivität der Maschine möglich. Der Lasersender sendet drei sichtbare Rotlichtlaserstrahlen aus. Der Empfänger besteht aus einem Pixelfeld, bei dem sich jedes einzelne Pixel einen Teil aus dem Laserfeld herausschneidet und den Empfang des Lichtes separat auswertet. Das Schutzfeld befindet sich direkt unterhalb der Stempelspitze. Dadurch ist das Bearbeiten auch von kleinsten Teilen sicher und produktiv möglich“, beschreibt Fiessler das Verfahren.

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Prinzipiell gilt, dass bei Maschinen älteren Baujahres die Mindestsicherheitsanforderungen der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV §8 + § 9) eingehalten werden müssen, zum Beispiel die Not-Halt-Einrichtung oder das Verhindern des direkten Zugangs zur Gefahrenstelle. „Auf Empfehlung der Berufsgenossenschaft (BG) sollte auch bei Maschinen vor Baujahr 1983 der Zwischenstopp (15 mm über der Blechoberfläche) nachgerüstet werden, wobei hier oftmals eine komplett neue Steuerung benötigt wird und dann abgewogen werden muss, ob ein Erhalt der Maschinen noch sinnvoll ist oder je nach Anwendungsfall ein Kompromiss mit der zuständigen BG getroffen werden kann“, so Geschäftsführer Schröder. Wenn ein Zwischenstopp schon vorhanden ist, sollte dieser nach der aktuellen Empfehlung der BG auf 15 mm über der maximal zulässigen Blechdicke eingestellt werden.

„Schwenkbiegemaschinen sind von Haus aus sicherer als Gesenkbiegepressen, da der Mensch das Biegeteil nicht halten und mitführen muss“, ergänzt Geschäftsführer Stahl. „Sie fallen nicht in die Kategorie der ‚gefährlichen Maschinen‘ und es ist auch keine EG-Baumusterprüfung bei den Sicherheitsrichtlinien gefordert. Die herstellerseitig angebotenen Zusatzabsicherungen lassen sich meist aber auch bei 10 bis 15 Jahre alten Maschinen noch nachrüsten.“

Und wie sieht es mit der schönen neuen Welt der Smart Factory aus? Lassen sich ältere Anlagen hier integrieren? „Eine fünf Jahre alte Abkantpresse ist durchaus fähig in einer Smart Factory zu funktionieren. Eine Maschine aus dem Jahr 1980 eher nicht. Alle neueren Biegesysteme aus dem Hause Bystronic, die mit entsprechender Bediensoftware ausgestattet sind, können jedoch problemlos in eine vernetzte Fertigungslandschaft eingebunden werden“, sagt Karsten Trautvetter. Und Willy Stahl weist auf die demografischen Entwicklungen hin: „Viele ältere Maschinen bieten noch nicht die Kommunikationsvoraussetzungen, die eine durchgängige Integration in die Digitalisierungswelt erlauben. Das Einbinden solcher Maschinen in Smart Factory-Lösungen ist mit Medienbrüchen jedoch möglich.“

Unterstützung für den Nutzer

„Ein reduzierter Einrichtungsaufwand, also die leichte und automatische Einrichtung der Werkzeuge und der CNC-Parameter der Steuerung, mit Blick auf Industrie 4.0 eine größtmögliche Datenspeicherkapazität ohne Bedienereingriff und die leichte Erlernbarkeit des Systems sowie konstante Biegeergebnisse sind wichtig für den Nutzer“, sagt Steven Lucas. „Man erwartet heutzutage auch eine oberflächenschonende Bearbeitung und kurze Rüstzeiten, um die Produktivität der Maschinen wie auch die gesamte Produktivität zu steigern. Die Bedienung sollte ergonomisch und durch nur eine Person möglich sein“, unterstreicht Franz Schröder.

„Erwartet wird heute, dass eine Abkantpresse problemlos in jegliche Automationsketten integriert werden kann“, sagt Trautvetter. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, übernehme Sensorik in Verbindung mit intelligenter Software die Aufgaben, die in der Vergangenheit vom Bediener ausgeführt wurden. Die Maschine passt sich über Kompensationssysteme und über Winkelmesssysteme in Bezug auf das verarbeitete Blech und mit einfachsten Bedienkonzepten an die äußeren Bedingungen an. „Die Wünsche und Lösungen bei Schwenkbiegesystemen reichen von positiv-negativ Biegen, automatischem Programmieren der Biegeteile und automatischem Rüsten über modulares Erweitern der Bearbeitungsmaschine mit Automatisierungskomponenten bis hin zum Beladen von Platinen und Stapeln von Fertigteilen“, ergänzt Stahl.

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