Zerspanung CO2-Kühlung der Schneidkanten senkt die Produktionskosten

Autor / Redakteur: Oliver Grasmück / Rüdiger Kroh |

Bei der kryogenen Kühlung werden die Schneidkanten von Werkzeugen mit flüssigem CO2 gekühlt. Die interne Kühlmittelzuführung mit einem Zweikanalsystem durch das Werkzeug führt beim Zerspanen hochwarmfester Werkstoffe zu längeren Standzeiten und höherer Produktivität. Es lassen sich 15 bis 30 % Produktionskosten sparen.

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Bild 1: Für die CO2-Bearbeitung ausgerüstete Starrag-Frässpindel. Damit kann zwischen den verschiedenen Prozesskühlarten während der Bearbeitung gewechselt werden.
Bild 1: Für die CO2-Bearbeitung ausgerüstete Starrag-Frässpindel. Damit kann zwischen den verschiedenen Prozesskühlarten während der Bearbeitung gewechselt werden.
(Bild: Starrag)

Die Bearbeitung von Turbinenschaufeln ist eine Herausforderung. In früheren Zeiten war vor allem die Maschinenleistung der limitierende Faktor, heute sind es die Werkstoffe. Der Wirkungsgrad von Turbinen stieg in den vergangenen Jahren ständig, unter anderem durch höhere Eingangstemperaturen. Herkömmliche Turbinenstähle reichen für diese hohen Temperaturen oft nicht mehr aus. Stattdessen kommen hochwarmfeste Superlegierungen auf Nickelbasis zum Einsatz. Entsprechend längere Maschinenlaufzeiten erhöhen die Herstellungskosten. Zentrale Stellschraube für die Kosten sind aufeinander abgestimmte, innovative Werkzeug-, Maschinen- und Bearbeitungskonzepte – beispielsweise eine leistungssteigernde kryogene Kühltechnik.

Grundlagenforschung zeigt das große Potenzial der CO2-Kühlung

„Wir haben die Entwicklung der Kühltechnik hin zu kryogenen Verfahren kommen sehen“, betont Thomas Schaarschmidt, Segment Manager Energy bei der Walter AG. „Bereits im Herbst 2011 haben wir erste Versuche mit optimierten Werkzeugen für den Einsatz von flüssigem Stickstoff zur Prozesskühlung unternommen. Ende 2012 kam dann das Thema CO2 hinzu.“

Die Wärme wird bei der Bearbeitung schwer zerspanbarer Materialien nicht wie bei Stahl hauptsächlich über die Späne, sondern über das Werkzeug abgeführt. Dies hat einen negativen thermischen Effekt auf das Werkzeug. An dieser Stelle gilt es, die Temperatur zu senken. Anfang 2013 führte Walter gemeinsam mit dem Institut für Produktionstechnik (IfP) der Westsächsischen Hochschule Zwickau eine Grundlagenforschung zur kryogenen Bearbeitung mit flüssigem Kohlendioxid durch, bei der die Schneidkanten mit -78,5°C kaltem CO2 gekühlt wurden. Die Versuche in Zwickau erfolgten mit externer Kühlmittelzufuhr und es wurden verschiedene Kühlstrategien (Minimalmengenschmierung MMS, Emulsion, Kohlendioxid und Kombinationen) miteinander verglichen. Die Ergebnisse wiesen eindeutig in eine Richtung: das große Potenzial der CO2-Kühlung. Die zu erwartende Einsparung bei der Produktion von Turbinenschaufel aus rostfreien Stählen betrug bis zu 40 %.

Die Maschine bekam ein kryogenes Innenleben

Aufbauend auf dieser Forschung überführte Walter als erster Werkzeugspezialist weltweit – in enger Zusammenarbeit mit dem Schweizer Maschinenbauer Starrag AG – das Prinzip kryogene Kühlung in eine industriereife Lösung, die unter dem Namen Cryotec im März 2013 erfolgreich präsentiert wurde. Michael Koller, Produktmanager bei Starrag, erinnert sich: „Den Startschuss lieferte die Hausausstellung vor gut zwei Jahren, die wir gemeinsam mit Walter in unserem Werk in Rorschacherberg durchführten. Die kryogene Kühltechnik ist keine grundlegend neue Idee, sondern existiert bereits seit den 1950er Jahren. Allerdings wurde das Konzept nie ernsthaft umgesetzt. Und genau darum ging es in unserer Kooperation mit Walter.“

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