Chrom(VI)-Verbot Vom Chromglanz zum blinden Fleck
Ist es am 21. September 2017 mit dem Verchromen vorbei? Nicht ganz: Ab diesem Sunset-Date ist die Verwendung von Chrom(VI) aufgrund von Reach in der EU nicht mehr erlaubt – es sei denn, man hat eine ausdrückliche Genehmigung der Europäischen Chemikalienagentur (Echa). Doch selbst das lässt sich nicht ganz halten.
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Denn der Zentralverband Oberflächentechnik (ZVO) ging bis zuletzt davon aus, dass es die Echa nicht schafft, über die meisten Zulassungsanträge rechtzeitig zu entscheiden. Damit können die Betriebe bis zu einer endgültigen Entscheidung weiterhin die wässrige Lösung des Chromtrioxids, oft auch Chromsäure genannt, einsetzen.
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Substitution von Chrom(VI)
Chrom(VI)-Ersatz fällt in einigen Fällen schwer
Genauer gesagt ist es das Anhydrid der Chromsäure CrO3, auch als Chrom(VI)-Oxid bekannt, das im Fokus steht. Es ist sehr giftig, bereits 0,6 g können tödlich sein. Außerdem sind wässrige Lösungen von Chrom(VI)-Oxid stark ätzend, deshalb wird es als umweltgefährlich und mit der höchsten Wassergefährdungsklasse 3 eingestuft. Schließlich ist es auch erbgutverändernd und krebserregend.
Chrom ergibt glatte und harte Oberflächen wie kaum ein anderes Metall
Doch auf der anderen Seite ist die Chromsäure in der Industrie äußerst wichtig für das Verchromen. Dazu gibt man ungefähr 250 g CrO3 auf 1 l Wasser. Hinzu kommt noch ein Katalysator, ursprünglich Schwefelsäure, inzwischen ist Methansulfonsäure (CH4O3S) am gebräuchlichsten. Leitet man elektrischen Strom durch ein solches Chrombad, wird nicht nur Wasserstoff erzeugt, sondern auch eine Schicht aus metallischem Chrom an der Kathode abgeschieden. Diese ist äußerst hart und glatt sowie je nach Untergrund auch glänzend wie kaum ein anderes Metall.
Eine Besonderheit von Chromschichten ist mit bloßem Auge nicht erkennbar: Sie sind von einem Netz sehr feiner Risse durchzogen. Diese Risse entstehen, wenn beim galvanischen Aufbringen der Chromschicht auch Wasserstoff entsteht und sich ein Teil dieses Wasserstoffs vorübergehend als Chromhydrid (CrH) in die Chromschicht einlagert. Zerfällt das Chromhydrid, schrumpft die Chromschicht. Es entstehen Spannungen in der Schicht, die wiederum zu den Rissen führen. Deshalb kann eine Chromschicht alleine noch keinen guten Korrosionsschutz bieten, trotz der chemischen Eigenschaften des Metalls. Für den Korrosionsschutz wird deshalb vor dem Verchromen meistens noch eine Nickel- oder Kupfer-Nickel-Schicht aufgebracht. Einen Vorteil bieten die Risse hingegen, wenn beispielsweise ein Ölfilm auf der Oberfläche haften soll.
Unterscheidung von Glanzchrom und Hartchrom führt in die Irre
Je nach Dicke dieser Chromschicht unterscheidet man zwischen Glanzchrom und Hartchrom. Eine Glanzchromschicht ist normalerweise zwischen 0,2 und 0,5 µm dick. Ein Beispiel sind die Logos der Hersteller in Automobilen und andere Zierteile an oder in Autos und Motorrädern. Nicht umsonst reden Oldtimer-Liebhaber gerne von ihren „Chromjuwelen“. Im Zuge der Chrom(VI)-Diskussion haben jedoch Hersteller Lacke entwickelt (siehe auch MM 01/2017), die den Glanzchromschichten nahekommen.
Etwas irreführend ist die Bezeichnung Hartchrom: Diese Schichten sind genauso hart wie Glanzchromschichten, bei letzteren kann bei einer Härtemessung die Prüfspitze nicht den verchromten Bereich treffen, da sie dafür zu dünn sind. Üblicherweise wird bei Härtemessungen aus einem verchromten Werkstück ein Teil herausgeschnitten, dann erfolgt die Härtemessung auf der Chromschicht. Manchmal werden schon Chromschichten mit einer Dicke ab etwa 1 µm als Hartchrom bezeichnet, es gibt aber auch Hartchromschichten mit mehreren Millimetern Dicke, beispielsweise bei Druckzylindern.
Mit ihrer Härte bis 1200 HV, ihrer geringen Reibung und Klebeneigung, ihrer Temperaturbeständigkeit bis 400 °C sowie ihrem geringen Adhäsionsvermögen sind Hartchromschichten begehrt. Viele Zylinder oder Walzen aller Art wären ohne Hartverchromung nicht denkbar. Auch für Press- und Ziehformen oder Düsen zur Herstellung von Kunststofffolien oder Kolbenstangen spielt Hartchrom eine entscheidende Rolle. Maschinenbauer können in ihren Matrizen oder bei hydraulischen Anwendungen nicht darauf verzichten oder auch nicht die Lebensmittelindustrie bei beschichteten Schnecken oder Mischern.
Chrom(III) noch keine Alternative
Angesichts des Bedarfs an Chrombeschichtungen auf der einen und der Einschränkungen durch Reach auf der anderen Seite rücken Alternativen zu Chrom(VI)- Elektrolyten in den Fokus. Forscher widmen sich schon seit Jahren Elektrolyten mit Chrom(III) – doch der Erfolg ist bisher eher durchwachsen. Chrom(III) ist ungiftig; Schichten aus Chrom(III)-Elektrolyten haben allerdings noch deutliche Nachteile im Vergleich zu den bisher genutzten Chromschichten: Sie besitzen eine dunklere, ins Graue gehende Farbe mit einer geringeren Härte und können nicht in beliebiger Dicke abgeschieden werden. Vor allem die geringere Härte ist der Grund, weshalb verschleißfeste Hartchromschichten aus Elektrolyten mit unkritischen Chrom(III)-Verbindungen noch nicht herstellbar sind.
Dass Chrom uns meistens in einem grauen Farbton begegnet, mag angesichts des Namens erstaunen: Der Name des Metalls kommt vom griechischen χρωμα, was Farbe bedeutet. Das hat einen einfachen Grund: Das metallische Chrom mit seiner silbergrauen Farbe kommt in der Natur nicht vor. Umso bunter sind dafür die Chromsalze. Je nach Oxidationsstufe des Chroms und dem pH-Wert der Lösung reicht die Palette von orange über rot, grün bis violett und blau bei pH 0; bei pH 14 geht das Spektrum von gelb über blauschwarz und tiefgrün bis dunkelbraun. Blei(II)-chromat (PbCrO4) diente früher als brillant gelbes Farbpigment und war als „Postgelb“ sehr beliebt. Wegen seiner Toxizität wurde es inzwischen weitgehend durch organische Pigmente ersetzt – auch ohne Reach.
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