BSH / Aida Was der Backofen für den Kuchen ist die Presse für den Backofen

Autor M.A. Frauke Finus

Der Backofen macht aus flüssigem Teig einen Kuchen in Form. Die Presse macht aus der Platine einen Backofen in Form. BSH Hausgeräte setzt bei der Fertigung von Bauteilen für Backöfen auf Pressentechnik von Aida.

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Ein Werkzeug auf dem Weg zum Rüstvorgang.
Ein Werkzeug auf dem Weg zum Rüstvorgang.
(Bild: VCG/Finus)

Gut duftet es in der Küche, wenn ein leckerer Kuchen in der Mache ist. Herzförmig, eckig, rund – damit das gute Stück so aussieht, wie es aussieht, hat die Bäckerin den Teig in einer Backform platziert. Wer aufmerksam Blechnet studiert, hat vor einiger Zeit eine Story gelesen, in der es um die Fertigung von Backformen bei der WMF-Tochter Kaiser im hessischen Diez ging. Und wie Deckel auf Topf gehört zum Teig in der Form der Backofen – sonst wird es nichts aus dem leckeren Kuchen.

Wer sich bestens mit Backofen und Herd auskennt, ist die BSH Hausgeräte GmbH, eines der weltweit führenden Unternehmen der Branche und der größte Hausgerätehersteller in Europa. Die 100%ige Tochter von Bosch (vorher ein Gemeinschaftsunternehmen von Bosch und Siemens) fertigt neben Backöfen und Kochfeldern beispielsweise Kühlschränke und Waschmaschinen, aber auch Staubsauger oder Kaffeemaschinen. Der Standort Traunreut in der Nähe des Chiemsees feiert in diesem Jahr 70-jähriges Jubiläum. 1952 sorgte die erste Kochplatte für automatisches Kochen und erleichterte die Arbeit der Hausfrau.

Im Mittelpunkt aller Entwicklungen stehen bei der BSH die Konsumenten und ihre Bedürfnisse. So testet das Unternehmen in User-Experience-Laboren Prototypen und Produkte unter Realbedingungen in allen Phasen der Entwicklung gemeinsam mit Konsumenten. Die Ergebnisse fließen stetig in die Entwicklung von neuen Hausgeräten und Lösungen ein. Im Fokus dabei: qualitativ hochwertige Hausgeräte, die sich durch Design, Bedienfreundlichkeit und Energieeffizienz ebenso auszeichnen wie durch digitale Zusatzfunktionen.

Mit rund 3000 Mitarbeitern am Standort ist die BSH einer der größten Arbeitgeber im Raum Traunreut. Nach und nach gewachsen befindet sich hier der größte Fertigungsstandort des Produktbereichs Kochen. Zwar gehen im Produktionsverbund auch Teile an andere Standorte im Produktionsverbund, wie zum Beispiel Bretten bei Pforzheim, aber rund 80 % der gefertigten Bauteile werden in der Endmontage in Traunreut zu kauffertigen Konsumentenprodukten.

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Die Fertigungstiefe ist sehr hoch: Beispielsweise stehen Coilspaltanlagen, Schweiß-, Emailier- und Pulverbeschichtungsanlagen, Schweißlösungen sowie Pressen von 80 bis 1000 t Presskraft in der Fertigung. Im Presswerk sind Langtisch-Transferpressen mit bis 4,30 m Tischlänge installiert. Gut 100 Leute fertigen nach der internen Konstruktion im hauseigenen Werkzeugbau die nötigen Schlüsselwerkzeuge.

Austauschbarkeit der Werkzeuge über drei Standorte hinweg

„2016 waren wir mit unserem bestehenden Anlagenpark an die Kapazitätsgrenzen gelangt. Deshalb war eine Aufstockung unumgänglich“, erinnert sich Günther Strohhammer, Senior Expert in Metal Forming – Presses bei der BSH, im Gespräch mit Blechnet. Das galt nicht nur für Traunreut, sondern auch für die BSH-Fertigungsstandorte in Polen und in Spanien. „Aufbauend auf unserem Standardkonzept planten wir die Investition in drei gleiche Pressen, die uns eine Austauschbarkeit der Werkzeuge ermöglichen, damit wir uns im Bedarfsfall gegenseitig unterstützen können. Konkret haben wir mit Einführung der neuen Pressen mehrere Großwerkzeuge in Traunreut gebaut, eingeführt und produktionsbereit mit den entsprechenden Datensätzen an die Standorte Montanana und Wroclaw verschickt.“

Den Zuschlag bekam schließlich Aida. Je eine Presse des Typs DSF-TE4 mit 10.000 kN zog im Jahr 2018 in Traunreut, Montanana und Wroclaw ein. Für Strohhammer und seine Kollegen ist es an diesen Standorten die erste Servopresse in der 800-t-Klasse. Eine Besonderheit bei Aida ist, dass der Pressenhersteller seine Antriebstechnik selbst entwickelt. „Es sollte Servotechnik sein, denn wir versprechen uns davon eine bessere Prozessbeherrschung. Außerdem können wir so individuelle Abläufe programmieren und unseren Output steigern“, erklärt Sascha Radloff, Head of Engineering Equipment Fabrication bei der BSH. Auf der Presse in Traunreut werden Bauteile für die Lüftung im Herd und für Backofen- und Herdgehäuse gefertigt. Bis zu sechs Stationen sind dabei realisierbar.

Mit Lösungen von Consenses haben Aida und die BSH die Presse in Traunreut außerdem digital gemacht. Das Unternehmen aus Roßdorf bei Darmstadt ist spezialisiert auf Sensorik, die es – an Pressen installiert – erlaubt, die Produktivität zu steigern und die Maschinenbelastung zu reduzieren. „Wir haben das Ziel, einen regelmäßigen Fingerprint der Presse zu erhalten. Wir wollen Kenntnis erlangen über die Dynamik in der Presse, ihren Zustand und über mögliche Veränderungen im Laufe der Jahre. Das wollen wir nutzen, um Know-how aufzubauen und unter anderem auch die Wechselwirkungen Prozess und Maschine besser beurteilen zu können“, berichtet Strohhammer. Dafür sind unter anderem in den vier Stößelecken Linearsensoren, am Stößel Beschleunigungssensoren und in den Pleueln Sensorschrauben von Consenses für die Kraftmessung verbaut. Aida stellt zusätzlich in Echtzeit Maschinendaten, beispielsweise Motor- und Ziehkissendaten sowie Temperatur- und Druckwerte, zur Verfügung, die dann mit den zusätzlichen Sensoren zusammengeführt werden. „Aida bietet außerdem mit Ai Care ein eigenesTool für die Prozessüberwachung und das Condition Monitoring. Die Entwicklung unterstützen wir im Rahmen der Kooperation durch das Bereitstellen unserer Produktionsdaten. Dies wollen wir im kommenden Jahr zusätzlich in unserem Presswerk integrieren.“

Erheben von Pressendaten hilft die Produktivität zu steigern

Noch werden die erhobenen Daten nicht vollumfänglich genutzt. Radloff erklärt: „Wir können nun die Daten zielführend erheben und nutzen, um so die vordefinierten Use Cases zu bearbeiten. Dabei konzentrieren wir uns zunächst auf: Erstens, die exzentrische Belastung für jeden Hub über einen längeren Zeitraum und somit auch die Veränderungen zu erfassen. Zweitens, der Frage nachzugehen, wie reagiert die Presse ohne Prozess, aber mit einem definierten Versuchsablauf, wo erkennt man Veränderungen und was bedeuten diese zum Beispiel für die Instandhaltung oder wo droht ein Ausfall? Drittens eine Prozessanalyse, aus der man zum Beispiel Daten über den Werkzeugverschleiß ableitet.“

Der Pressenbauer hat bei der BSH überzeugt. Dank der Auslegung der Servopresse in Kombination mit dem Transfer der Firma Hagel konnte der Output bei einem komplexen Werkzeug von vorher 15 auf 17 Hub pro Minute ohne zusätzliche Maßnahme gesteigert werden. „Wir fühlen uns wohl mit unserer Entscheidung. Nicht nur die Qualität der Presse und ihr Output, sondern auch das Drumherum passt. Aida ist auf unsere Wünsche eingegangen und wir sehen der Zukunft bezüglich Betreuung und Service sehr positiv entgegen“, resümiert Strohhammer.

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