Statt Galvanisieren Laserauftragschweißen mit Hochgeschwindigkeit
Bisher fehlte dem Laser noch das Tempo für großflächige Beschichtungsaufgaben. Das Fraunhofer-Institut für Lasertechnologie ILT hat ein neues Verfahren entwickelt, mit dem extrem hohe Geschwindigkeiten beim Laserauftragschweißen möglich sind. Auch die passenden Lasersysteme sind schon auf dem Markt.
Anbieter zum Thema

In Kraftwerken, Produktionsanlagen, aber auch bei vielen anderen Anwendungen gibt es metallische Komponenten, die ständig Umwelteinflüssen wie Feuchtigkeit, hohen Temperaturunterschieden oder aggressiven Chemikalien ausgesetzt sind. Um sie vor Korrosion und Verschleiß zu schützen, werden sie daher mit einer Schicht aus widerstandsfähigen Materialien überzogen.
Saubere Alternative mit hoher Qualität
Traditionell setzt die Industrie hierfür auf die Galvanotechnik, beispielsweise die Hartverchromung. Wegen Bedenken zur Gesundheits- und Umweltbelastung stehen diese Verfahren jedoch immer mehr in der Kritik. So sind beispielsweise bei der Hartverchromung die Zulassungsvoraussetzungen durch Reach (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) in den letzten Jahren sehr streng geworden. Dabei handelt es sich um eine EU-Chemikalienverordnung zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor Risiken durch Chemikalien, deren Umsetzung von der European Chemicals Agency (Echa) organisiert und kontrolliert wird. Ein anderes, etwas neueres Verfahren ist das thermische Spritzen, bei dem geschmolzene Metallpartikel auf die zu schützenden Oberflächen geschleudert werden. Das thermische Spritzen bietet zwar höhere Flexibilität hinsichtlich der einsetzbaren Materialien, da die Beschichtung jedoch keinen metallurgischen Verbund mit dem Bauteil eingeht, löst sie sich schneller ab. Zudem besteht die Gefahr der Riss- und Porenbildung.
Beim Laserauftragschweißen gibt es diese Nachteile nicht. Das macht es schon heute zu einem gefragten Verfahren für viele Beschichtungsaufgaben. Allerdings stieß das Laserauftragschweißen mit seiner Bearbeitungsgeschwindigkeit bei großflächigen Teilen bislang noch an Grenzen. Außerdem lag die minimale Schichtdicke bisher bei rund 500 µm. Dünnere Schichten waren nicht möglich. Diese Hürden hat das Fraunhofer-Institut für Laser Technologie (ILT) nun überwunden. Das ILT hat ein Verfahren entwickelt und patentieren lassen, das bei rotationssymmetrischen Bauteilen sehr schnelle Beschichtungsprozesse mit geringen Schichtdicken ermöglicht: das extreme Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen (EHLA).
Laserauftragschweißen: Zwei Verfahren im Vergleich
Das Laserauftragschweißen arbeitet normalerweise so: Ein Laser erzeugt auf dem zu bearbeitenden Werkstück ein Schmelzbad, in das Düsen koaxial zum Laserstrahl Metallpulver blasen. Dieses verschmilzt mit der Oberfläche zu einer poren- und rissfreien Beschichtung mit metallurgischer Anbindung an das Bauteil.
Das EHLA-Verfahren funktioniert etwas anders: Die Pulverdüsen sitzen höher, sodass das Pulver bereits oberhalb des Schmelzbades in das Laserlicht eintritt, das es noch auf dem Weg zum Bauteil bis nahe an den Schmelzpunkt erhitzt. So schmelzen die Partikel im Schmelzbad schneller, was die Schichtbildung enorm beschleunigt. Entsprechend kann das rotationssymmetrische Bauteil unter der Optik schneller drehen, was die Prozessgeschwindigkeit insgesamt wesentlich erhöht. Während das normale Laserauftragschweißen nur 10 bis 40 cm²/min beschichten kann, schafft das EHLA-Verfahren Flächenraten von über 250 cm²/min. Das ermöglicht wiederum Vorschubgeschwindigkeiten im Bereich von 10 bis 500 m/min. Die hohe Prozessgeschwindigkeit erlaubt zudem auch dünne Schichten im Bereich von 10 bis 300 µm. Bei all dem bleiben die zwei wesentlichen Vorteile des Laserauftragschweißens erhalten. Mit verschiedenen Beschichtungsmaterialien lässt sich die Schicht exakt auf Grundwerkstoff sowie Aufgabe abstimmen und geht eine dauerhafte metallurgische Verbindung mit dem Trägerwerkstoff ein.
Perspektive für die Zukunft
Weil das Pulver früher in den Strahl eintaucht, kann das Verfahren außerdem mit kleinerem Fokusfleck arbeiten. Während beim normalen Laserauftragschweißen 2 bis 3 mm Fokusdurchmesser Standard sind, beträgt er beim EHLA-Verfahren etwas weniger als 1 mm. Mit einem Scheibenlaser sind sogar circa 0,4 mm möglich. Der feinere Fokus ermöglicht es, deutlich energieeffizienter zu arbeiten: Statt 4 bis 20 kW beim Standardverfahren, reichen jetzt 2 bis 4 kW.
Durch das EHLA-Verfahren bietet sich das Laserauftragschweißen nun auch als Alternative für die Beschichtung großflächiger Bauteile an. Denn jetzt kann das Verfahren beides: hochqualitative Beschichtungen ab 10 µm mit hoher Prozessgeschwindigkeit auftragen.
Trumpf bietet schon seit vielen Jahren Systeme für das Laserauftragschweißen an und die vom Fraunhofer-ILT entwickelte neue Bearbeitungsoptik lässt sich direkt in bestehende Systeme von Trumpf integrieren. Das gilt sowohl für Dioden- als auch für Scheibenlaser als Strahlquelle. Je nach Größe der zu bearbeitenden Bauteile stehen zudem unterschiedliche Laserbearbeitungszellen zur Verfügung.
Die neue Grenze ist nun die Vorschubgeschwindigkeit. Die mit dem EHLA-Verfahren möglichen Prozessgeschwindigkeiten lassen sich vorerst nur in der Bearbeitung rotationssymmetrischer Bauteile mit stillstehender Optik umsetzen. Bei flächigen Bauteilen müsste sich der Bearbeitungskopf mit hohen Geschwindigkeiten über das Bauteil bewegen. Hier eröffnen Laserschneidmaschinen von Trumpf eine Perspektive. Sie sind genau für diese schnellen Linearbewegungen über eine Fläche ausgelegt und kommen dabei schon jetzt den Anforderungen für das EHLA-Verfahren sehr nahe. Eine Validierung steht aber noch aus.
* Dr. Antonio Candel-Ruiz ist Experte für Laseroberflächenverfahren bei der Trumpf GmbH + Co. KG in 71254 Ditzingen
(ID:44660638)