IHU Mit Innenhochdruck zu höchstfesten Aluprofilen
Der erhöhte Bedarf nach Leichtbau rückt Aluminium wieder verstärkt in den Fokus. Hochfeste Alulegierungen bieten besonders im Automobilbau viel Potenzial zur Gewichtseinsparung. Nachteil: das gegenüber Stahl eingeschränkte Umformvermögen. Forscher haben deshalb ein Verfahren entwickelt, mit dem sich Rohre aus höchstfesten Aluminiumlegierungen preiswert und zu komplexen Geometrien umformen lassen. Im Mittelpunkt stehen Legierungen der Gruppe 7xxx.
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Die rohrförmigen Profile aus Aluminiumlegierungen der höchstfesten Gruppe 7xxx werden per Innenhochdruck-Umformung (IHU) mittels Stickstoff in ihre endgültige Form gebracht. Neu dabei ist die Nutzung nicht beheizter oder sogar vorgekühlter Werkzeuge. So werden die Bauteile abgeschreckt und bekommen nach der anschließenden Auslagerung große Festigkeit. Probleme wie Anhaftung und Reibung werden so reduziert. Zudem lässt sich mit dieser Methode wirtschaftlicher arbeiten als mit beheizten Werkzeugen.
Schwere Umformbarkeit hat Verwendung von 7xxx-Aluminiumlegierungen beschränkt
Aluminium spielt für den Leichtbau im Allgemeinen sowie für den Automobilbau im Speziellen eine entscheidende Rolle. Aufgrund der weiter steigenden Anforderungen gelangen auch 7xxx-Legierungen in den Fokus der Automobilindustrie. Im Flugzeugbau werden sie seit Jahrzehnten eingesetzt, wobei die Bauteile ausschließlich spanend hergestellt werden. Die eingeschränkten Umformeigenschaften sind derzeit noch ein wesentlicher Grund dafür, Bauteile aus diesen Legierungen nicht umformend aus Blechen und Profilen herzustellen. Darin liegt auch die Ursache für den geringen Verbreitungsgrad in der Automobilindustrie.
Innovationspotenzial liegt allerdings in der Anwendung der temperierten Innenhochdruck-Umformung – des Hot Metal Gas Forming – von 7xxx-Aluminiumprofilen. Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU haben jetzt erstmalig nachgewiesen, dass eine Umformung von komplexen Geometrien in einem einstufigen Prozess möglich ist. Der Schlüssel dazu ist das Lösungsglühen mit anschließendem Handling der Halbzeuge in dem Umformwerkzeug und eine schnelle Innendruckerhöhung.
Aluminium stellt hohe Anforderungen an die IHU-Prozessführung
Eine entscheidende Rolle spielt die Prozessführung, um die Bauteile qualitätsgerecht und wirtschaftlich zu fertigen. Denn im Vergleich zu den meisten Stählen weisen Aluminiumlegierungen eine geringere Bruchdehnung und ein geringeres Verfestigungsverhalten auf. Deshalb muss eine sehr exakte Regelung zwischen Innendruck und Nachschiebeweg erfolgen. Beim Weiten des Rohres treten Zugspannungen auf und das Material wird hauptsächlich gestreckt. Durch das Nachschieben wird ein axialer Materialfluss erreicht, der örtlich zu Druckspannungen führt, die wiederum das Umformvermögen des Werkstoffes erhöhen. Das werkstoffbedingt kleine Prozessfenster zur Umformung kann so deutlich vergrößert werden. Die Druckerhöhung geschieht dabei in kleinen Inkrementen, gleichzeitig steigt der Nachschiebeweg überproportional zur Druckerhöhung.
Die Chemnitzer Forscher schreckten die Werkstoffe EN AW-7020 T6 und EN AW-7075 T6 in einem Umformwerkzeug bei Raumtemperatur mit dem Hot Metal Gas Forming and Quenching (HMGF-Q) ab und formten sie in einem Schritt um. Als Wirkmedium verwendeten die Wissenschaftler Stickstoff. Die Ausgangswanddicken der untersuchten Rohre lagen bei 2,5 und 4,5 mm. Nach der IHU fand eine Kalt- beziehungsweise Warmauslagerung statt. Im Anschluss an die Wärmebehandlung entnahmen die Wissenschaftler der Demonstratorgeometrie Zugproben, mit deren die Hilfe die mechanischen Kennwerte bestimmt wurden: Für den EN AW-7020 konnte dabei eine maximale Festigkeit von 375 N/mm² bei einer Restdehnung von 12 % gemessen werden.
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