Stanznieten Simulation mit hoher Prognosegüte
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In einem gemeinsamen Projekt von Simufact Engineering und dem Laboratorium für Werkstoff- und Fügetechnik der Universität Paderborn wurde eine anwendungsorientierte Versagenscharakterisierung für Stanznietprozesssimulationen mit hoher Prognosegüte entwickelt.

Das Halbhohlstanznieten (HHSN) ist ein mechanisches Fügeverfahren bei dem das Fügeelement das stempelseitige Fügeteil durchstanzt und in das matrizenseitige Fügeteil eindringt, ohne letzteres zu durchbrechen. Dabei kommt es zu einer Aufspreizung des Niets und letztendlich zu einer form- und kraftschlüssigen Verbindung zwischen den Fügeteilen. Bei der virtuellen Prozessauslegung ist es somit essenziell, das Werkstoffverhalten akkurat abzubilden. In erster Linie muss das Fließverhalten der zu fügenden Werkstoffe sowie des Niets möglichst genau modelliert werden. Weiterhin ist aufgrund der Werkstoffdurchtrennung eine adäquate Werkstoffcharakterisierung im Hinblick auf das Versagensverhalten der zu fügenden Werkstoffe notwendig. Nur so lässt sich eine schädigungsbasierte Modellierung der Werkstoffdurchtrennung beim Durchstanzen sinnvoll anwenden. Die Schädigungsparametrisierung von spannungsbasierten Schädigungsmodellen stellt Anwender vor eine enorme Herausforderung, da nach wie vor keine einheitlich geregelte Vorgehensweise hierzu existiert. Aus diesem Grund wird im Folgenden eine am Laboratorium für Werkstoff- und Fügetechnik (LWF) der Universität Paderborn entwickelte Methodik aufgegriffen, welche eine verlässliche Parametrisierung von Schädigungsansätzen ermöglicht. Im Rahmen dieser Arbeit wird das modifizierte Mohr-Coulomb-Modell (MMC verwendet. Die MMC-Modellkalibrierung sowie die Simulation des HHSN-Prozesses erfolgt mit Simufact Forming.
Versagenscharakterisierung
Duktile Schädigung von metallischen Werkstoffen ist im Wesentlichen durch Porenbildung, Porenwachstum und Porenvereinigung geprägt. In spannungsbasierten Schädigungsmodellen werden diese Vorgänge nicht explizit modelliert, sondern durch den vorherrschenden Spannungszustand berücksichtigt. Hierzu ist der Werkstoff hinsichtlich des Versagenszeitpunktes zu charakterisieren. Um dies für eine sinnvolle Auswahl von Belastungszuständen durchzuführen, müssen geeignete Probengeometrien definiert werden. Ziel ist es, möglichst viele charakteristische und prozessrelevante Spannungszustände hinsichtlich des Versagensbeginns zu erfassen. Die am LWF entwickelte Methodik greift hierbei auf eine spezifische Auswahl von Probengeometrien zurück. Hierbei werden neben konventioneller Kerbzugprobe und Kerbzugprobe mit Nut auch modifizierte ASTM-Proben berücksichtigt. Anders als herkömmliche ASTM-Proben kennzeichnen sich diese durch eine Doppelkerbe aus. Durch Variation der seitlichen Kerblage ändert sich der Winkel zwischen beiden Kerbenden. Abhängig von diesem Orientierungswinkel lassen sich so verschiedene Spannungszustände in der Verformungszone einstellen und das Versagensverhalten entsprechend gezielt untersuchen. Als weiterer Vorteil sei angemerkt, dass die Zugprüfung für alle ASTM-Probenvarianten an der gleichen Vorrichtung durchgeführt werden kann.
Schädigungsbasierte Netzauftrennung
Bei duktilen Deckblechen wird das sog. geometrische Trennkriterium bereits sehr erfolgreich eingesetzt. Bei Werkstoffen, welche einen nicht vernachlässigbaren Gewaltbruchanteil aufweisen, führt dieser Ansatz zu Ungenauigkeiten in dem Simulationsergebnis. Aus diesem Grund wird in der numerischen Simulation des HHSN-Prozesses das Durchtrennen des stempelseitigen Blechs durch einen schädigungsbasierten Netzauftrennungsansatz modelliert. Rissinitiierung und Rissausbreitung werden hierbei direkt durch das Ergebnis der Schädigungsberechnung bestimmt. Als Werkstoffkombination wird stempelseitig der mikrolegierte Kaltumformstahl HX340LAD und matrizenseitig die Aluminiumlegierung EN AW-5182 betrachtet. Die MMC-Modellparameter des mikrolegierten Stahls wurden auf Basis der oben skizierten Probenauswahl ermittelt. Hierzu wurden die jeweiligen Spannungsinvarianten, d.h. Spannungsmehrachsigkeit und Lode-Winkel-Parameter, zusammen mit der jeweils zugehörigen Versagensdehnung dem Kalibrierungsdialog in Simufact Material übergeben. Diese Größen sind simulativ im kritischen Bereich der jeweiligen Probe zum Zeitpunkt des Versagens auszuwerten. Eine detaillierte Beschreibung der simulativ-gestützten Kalibrierungsvorgehensweise findet sich in der Dokumentation von Simufact Forming. Die MMC-Versagensfläche ergibt sich basierend auf den ermittelten Spannungszuständen. Im negativen als auch im höheren positiven Spannungsmehrachsigkeitsbereich wurden zudem gängige Extrapolationsannahmen getroffen. Es ist weiterhin der rotationssymmetrische Modellaufbau skizziert. Bei den eingesetzten Werkzeugen von Böllhoff handelt es sich um eine Flachmatrize und einen Niet vom Typ C 5,3x5 mit Härtegrad H4. Die Simulation des HHSN-Prozesses erfolgt unter Vernachlässigung jeglicher Temperatureinflüsse. Das Simulationsmodell berücksichtigt jedoch ratenabhängiges Fließverhalten der Blechwerkstoffe und des Nietwerkstoffs.
Gute Übereinstimmung
Wenn man die prognostizierte sowie die experimentell ermittelte Fügekraft gegenübergestellt, ist eine außerordentlich gute Übereinstimmung des Kraftverlaufs zu erkennen. Die Bildausschnitte im Diagramm verdeutlichen zudem die hervorragende Parallelität des rissbasierten Durchbruchs im Deckblech. Der Rissdurchbruch ist als temporärer Kraftabfall der Fügekraftkurven im Bereich um 3 Millimeter Fügeweg im Diagramm zu erkennen. Die finale Geometrie der numerisch ermittelten Fügeverbindung ist weiterhin mit dem Schliffbild der Realverbindung gegenübergestellt. Auch hier zeigt sich ein hoher Grad an Übereinstimmung. Die qualitätsbestimmenden Merkmale der Fügeverbindung wie Nietkopfendlage, Hinterschnitt und Restbodenstärke sind allesamt gut vorhergesagt und liegen im Bereich der experimentellen Streubreite. Somit stimmt das numerische Ergebnis sowohl in Bezug auf die finale Fügegeometrie als auch hinsichtlich des zeitlichen Versagensverhaltens sehr gut mit den experimentellen Versuchsdaten überein. Abschließend sei angemerkt, dass der Einfluss der lokalen Wärmeentwicklung in der Simulation nicht berücksichtigt wurde. Diesen Einfluss gilt es in zukünftigen Arbeiten zu analysieren und hinsichtlich einer potenziellen Qualitätssteigerung der Ergebnisse zu bewerten.
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Qualitätskontrolle
Roboterinspektion halbiert Kontrollzeit bei der Bauteilprüfung
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