Elektrotechnik- / Elektronikindustrie Erste Fertigungsstraße für LIGA-Mikrobauteile automatisiert

Redakteur: Jürgen Schreier

An der Synchrotronstrahlungsquelle ANKA im Forschungszentrum Karlsruhe entsteht derzeit mit „FELIG“ die weltweit erste Produktionslinie für die Serienfertigung von Direkt-LIGA-Teilen. Die Fertigungsstraße ist für eine hochautomatisierte Produktion mit lokalen Reinraumumgebungen ausgelegt und umfasst alle Prozessschritte von der Substratbestrahlung bis zur Qualitätskontrolle der Teile. Für den reibungslosen Fertigungsfluss sorgt Automatisierungs- und Handhabungstechnik der ACI-ecotec GmbH & Co. KG aus St. Georgen.

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LIGA (Lithografie, Galvanik, Abformung) zählt zu den Leading-Eedge-Technologien in der Mikrosystemtechnik. Denn die direkte Strukturierung auf dem Wafer ermöglicht eine extreme Maßhaltigkeit, hohe Strukturen, eine nahezu freie Formgebung sowie eine sehr gute Seitenwandqualität. Eigenschaften, die bei einem überwiegenden Teil mikromechanischer Bauteile aus Metall benötigt werden.

Hohe Produktionskosten aufgrund eines großen Anteils manueller Tätigkeiten, geringe Produktionskapazitäten und lange Durchlaufzeiten verhinderten jedoch bisher den industriellen Durchbruch der LIGA-Technik. Dies soll sich durch „FELIG“, der weltweit ersten modularen Fertigungsstraße für Mikrobauteile über Röntgentiefenlithografie und Galvanik, ändern.

Ziel von FELIG ist es, die Teilekosten um 60% zu reduzieren, die Produktionskapazität um den Faktor 20 auszuweiten, die Produktionszeit signifikant zu verkürzen sowie die Prozesssicherheit zu erhöhen. Die Fertigungsstraße für LIGA-Teile wird anhand einer Prototypenfertigung für Mikro-Zahnräder, die in Mikrogetrieben und Uhren zum Einsatz kommen, qualifiziert. Beteiligt an dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt sind mehrere mittelständische Industrieunternehmen sowie das Forschungszentrum Karlsruhe und die Universität Karlsruhe.

Automatisierungstechnik aus dem Schwarzwald

Aufgebaut wird die Produktionslinie an der Synchrotronstrahlungsquelle ANKA im Forschungszentrum Karlsruhe, ihren Betrieb soll sie im Frühjahr 2008 aufnehmen. Der Herstellungsprozess beinhaltet die Fertigungsschritte Bestrahlen, Entwickeln, Galvanisieren, Flutbelichten/Strippen und Qualitätskontrolle.

Für den automatischen Transport der Wafer durch die Fertigungsstraße sowie die Verknüpfung der einzelnen Bearbeitungsstationen zeichnet die ACI-ecotec GmbH & Co. KG aus St. Georgen verantwortlich. Um unterschiedlichen Anforderungen von Endanwendern hinsichtlich Material, Bauteildimensionen, Layout und eingesetztem Resistsystem gerecht zu werden, ist die Automatisierungstechnik flexibel konzipiert. Dies ermöglicht, dass Substrate aus anderen Materialien beziehungsweise die mit anderen Materialien galvanisiert werden sollen, einfach ausgeschleust und an anderer Stelle bearbeitet werden können. Die dafür erforderlichen Produktionsinformationen enthält ein Data-Matrixcode, der sich auf jedem Silizium-Wafer befindet. Pro Wafer werden jeweils rund 1000 Zahnräder aufgebaut.

Automatischer Transport mit hohen Niveau-Unterschieden

Die Reise durch die Fertigungsstraße beginnt für die mit einer aufgeklebten PMMA (Polymethylmethacrylat)-Scheibe, deren Dicke der Höhe des späteren Bauteils entspricht, versehenen Wafer in einer Beladezelle innerhalb eines Reinraums. Hier entnimmt ein Waferhandler jeden Wafer aus dem Carrier, liest über ein bildverarbeitendes System den Code und setzt das Substrat zurück. Die Code-Informationen gehen an einen übergeordneten Leitrechner, der wiederum entscheidet, in welcher Reihenfolge die Wafer vom Handler in eine Vakuumschleuse, die als Verbindung zum Scanner dient, eingesetzt werden.

Das Handling im Scanner erfolgt durch ein internes Manipulatorsystem. Nach der Belichtung befördert das Transportsystem die Wafer in einer staubdicht geschlossenen Box zur Entwickleranlage. Dies war für die Schwarzwälder Automatisierungsexperten eine besondere Herausforderung. Denn der Weg führt in rund vier Metern Höhe durch die Decke des Reinraums in einen neuen Anbau. Dort befindet sich wieder auf Erdgeschoss-Niveau ein Reinraumbereich, in dem die Entwickleranlage platziert ist. Für den Transport der Wafer vom Öffnen der Vakuumschleuse bis zum Einbringen ins Entwicklerbad stehen maximal 30 Minuten zur Verfügung, danach sind die Strukturen unwiederbringlich zerstört. Die Beförderung erfolgt daher auf der gesamten Strecke zeitüberwacht. Bei einer Störung wird sofort Alarm ausgelöst.

Im Störfall wird Bereitschaft rund um die Uhr per SMS alarmiert

Im Fall des Falles wird die Alarmmeldung rund um die Uhr sofort per SMS an das Bedienpersonal beziehungsweise einen Bereitschaftsdienst weitergeleitet. Um die Wahrscheinlichkeit einer Störung des Ablaufs durch das Transportsystem zu minimieren, wurde es besonders robust und zuverlässig ausgeführt. ACI-ecotec setzte deshalb statt herkömmlicher Beförderungseinrichtungen Druckluftzylinder ein.

In der Entwickleranlage öffnet eine automatische Öffnungs- und Schließeinrichtung die Box und stellt die Wafer für die Entnahme durch ein internes Handlingsystem bereit. Dieses System setzt die Wafer nach der Entwicklung auf eine spezielle Transportvorrichtung, die sie zu einer weiteren Beladezelle bringt. Hier entnimmt ein Handler die Wafer aus der Transportvorrichtung und setzt sie in eine angeschlossene Prüfstation ein, in der die Strukturen mit bildverarbeitenden Systemen nach festgelegten Kriterien kontrolliert werden.

Anschließend kommen die Wafer zurück in die Beladestation, wo sie je nach Ergebnis in „In-Ordnung“- beziehungsweise „Nicht-in-Ordnung“-Carrier eingelegt werden. Der Transport voller I.O.-Carrier in die Galvanik erfolgt manuell. Um nach dem galvanischen Aufbau der Struktur die Reste der PMMA-Scheibe zu entfernen, kann die gesamte Produktionslinie auf die Prozesse Flutbelichten und Strippen umgestellt werden. Die Wafer durchfahren die Stationen der Fertigungsstraße dabei in identischer Reihenfolge bis zur Entwicklung. Hier schließt sich dann die Qualitätskontrolle der fertigen Miniaturzahnräder an.

Die Fertigungsstraße ist ausgelegt für die gleichzeitige Bearbeitung von bis zu drei Wafern. Produziert wird an sechs Tagen der Woche rund um die Uhr.

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