Scherschneiden und Kragenziehen Optimierte Umformprozesse durch Data Science

Quelle: Pressemitteilung der Universität Bayreuth Lesedauer: 3 min

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Im Rahmen eines neuen interdisziplinären Forschungsprojekts nimmt die Universität Bayreuth am DFG-Schwerpunktprogramm „Datengetriebene Prozessmodellierung in der Umformtechnik“ teil.

Das sogenannte Kragenziehen an runden Löchern in Blechteilen folgt oft auf das Scherschneiden, um etwa Verbindungsmöglichkeiten mit anderen Komponenten zu schaffen. Gewisse Störeffekte dieser Verfahrenskombination sollen nun mit digitaler Hilfe vermieden werden.
Das sogenannte Kragenziehen an runden Löchern in Blechteilen folgt oft auf das Scherschneiden, um etwa Verbindungsmöglichkeiten mit anderen Komponenten zu schaffen. Gewisse Störeffekte dieser Verfahrenskombination sollen nun mit digitaler Hilfe vermieden werden.
(Bild: Blankovaskiva)

Es gehe bei dem Projekt genauer gesagt, um zwei Verfahren, die bei der industriellen Herstellung vieler funktionaler Bauteile ineinandergriffen: Scherschneiden und Kragenziehen. Neueste Möglichkeiten der Datenanalyse und eine darauf basierende Modellierung der Prozessketten sollen mit Blick auf beide Fertigungsverfahren eine fehlerfreie Fertigung sicherstellen, heißt es weiter. Die Projektleitung liegt bei der Bayreuther Wirtschaftsinformatikerin Prof. Dr. Agnes Koschmider und Prof. Dr.-Ing. Verena Kräusel vom Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) in Chemnitz.

Scherschneiden und Kragenziehen in Kombination

Der Begriff Umformtechnik bezeichnet eine Gruppe industrieller Fertigungsverfahren, bei denen Materialien plastisch so verändert werden, dass die so gefertigten Bauteile zuvor definierte Funktionen erfüllen können. Zu diesen Verfahren zählt auch das in der Blechverarbeitung etablierte Kragenziehen. Bei diesem wirken Zugkräfte kontinuierlich auf ein Blechwerkstück ein, aus dem ein per Scherschneiden zuvor ein rundes Loch herausgeschnitten wurde. Die Zugkräfte bringen dabei eine Struktur hervor, die dem runden Kragen eines Rollkragenpullovers ähnelt. Für den fertigen „Kragen“ gibt es zahlreiche unterschiedliche Verwendungsmöglichkeiten, heißt es weiter. Er kann beispielsweise ein Bauteil stabil fixieren oder dazu dienen, eine prozesssichere Verbindung mit einem anderen Bauteil einzugehen, so die Forscherinnen.

Nicht vorhersehbare Kantenrisse beim Kragenziehen

In der Materialforschung und zahlreichen industriellen Anwendungen wurde die Prozesskette, in der das Scherschneiden und das Kragenziehen hintereinander geschaltet sind, in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich optimiert. Mittlerweile wisse man deshalb viel darüber, was zur Qualitätssicherung beitrage und die Produktion von Ausschuss vermeide. Vor allem aber hat die Digitalisierung, die eine präzise Simulation von Fertigungsabläufen am Rechner ermöglicht, die Prozesskette effizienter und zuverlässiger gemacht. Eine bisher ungelöste Herausforderung stellen jedoch noch immer die Kantenrisse dar, erklären die Forscherinnen. Dabei handelt es sich um senkrechte Einschnitte im Kragen, die dann entstehen, wenn die in verschiedene Richtungen wirkenden Zugkräfte so stark sind, dass sie das Material abrupt auseinanderreißen. Ob und wann es dazu kommt, ließe sich prinzipiell nicht vorhersagen, weshalb die Materialwissenschaft bei diesem Effekt von einem stochastischen Auftreten der Kantenrisse spricht.

Digitale Prozesskette soll Kantenrissgefahr minimieren

Das neue Projekt verfolge nun einen innovativen Ansatz, mit dem die Verknüpfung von Scherschneid- und Kragenziehprozessen so optimiert werden soll, dass Kantenrisse zuverlässig vermieden würden. Im interdisziplinären Zusammenwirken von Umformtechnik und Datenwissenschaften an den Standorten Bayreuth und Chemnitz soll nun die Entstehung von Kantenrissen und nicht zuletzt die Ursachen dafür präzise analysiert werden. Damit wird es möglich sein, die an den Fertigungsprozessen beteiligten Werkzeuge so einzusetzen, dass Kantenrisse in Zukunft nicht mehr oder nur noch selten vorkommen, hoffen die Expertinnen. Grundlage dieser Forschungs- und Entwicklungsarbeiten wird eine genaue digitale Abbildung der Prozesskette aus Scherschneiden und Kragenziehen sein. Alle hierfür relevanten Informationen, zum Beispiel in Bezug auf Materialien, Werkzeuge und Fertigungstechnologien, sollen dazu durch geeignete Datenmodelle in die digitale Abbildung integriert werden.

Chancen auf Erhöhung der Datenqualität endlich nutzen

Ein wichtiger Aspekt der geplanten Forschungsarbeiten betrifft die Qualität der Daten, die man der digitalen Modellierung zugrunde legen will. In den Datenwissenschaften verfügt man heute über technologisch anspruchsvolle Verfahren, wie beispielsweise Process Analytics und Deep Learning, mit denen sich die Datenqualität gewährleisten und steigern lässt, heißt es dazu. Zur Weiterentwicklung und Optimierung von industriellen Umformprozessen sind diese digitalen Werkzeuge aber bisher kaum genutzt worden, so die Forscherinnen. Sie böten jedoch die Chance, diese Prozesse deutlich effektiver und robuster zu machen, Fertigungskosten zu senken und – infolge einer erheblich geringeren Produktion von Ausschuss – auch noch Material einzusparen. Deshalb greife man im Rahmen des Projekts zu diesen datenwissenschaftlichen Möglichkeiten.

Das Schwerpunktprogramm 2422 der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die diese Forschungsarbeiten in Bayreuth und Chemnitz mit insgesamt rund 788.000 Euro fördert, bietet hierfür optimale Rahmenbedingungen, kommentiert Koschmider, die an der Universität Bayreuth den Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Process Analytics innehat.

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